Trans* in der Arbeitswelt

Trans* ist als Oberbegriff für transgender, transsexuell, transident etc. zu verstehen und schließt alle Menschen ein, die sich nicht (nur) mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren. Das „*“ steht für eine Vielzahl an Geschlechtsidentitäten, also für mehr als nur Frau und Mann. Im Folgenden gibt es eine Auswahl von Informationen, die sich mit dem Thema Trans* in der Arbeitswelt beschäftigen.

Trans* in der Arbeitswelt

Unsere Gesellschaft ist in vielerlei Hinsicht von Vielfalt geprägt. Vielfalt zeigt sich in unterschiedlichen Lebensentwürfen und Arbeitsformen, in der Diversität von Älteren und Jüngeren, Angehörigen verschiedener Religionen, Weltanschauungen oder Nationalitäten, Menschen mit und ohne Behinderung, Menschen unterschiedlicher sexueller Orientierung und unterschiedlichen Geschlechts, Menschen in unterschiedlichen sozialen Lagen. Für eine tolerante und freie Gesellschaft braucht es den Abbau von ungerechtfertigten Benachteiligungen. Chancengleichheit und ein diskriminierungsfreies (Arbeits-)Leben sind das Ziel.

Für Unternehmen bietet die Auseinandersetzung mit dem Thema Diversität und Diskriminierung vielfältige Chancen: Wettbewerbsfähigkeit, Attraktivität, höhere Problemlösungskompetenz.

Was macht ein trans*freundliches Unternehmen aus?

Wie können Betriebe Trans*Menschen am Arbeitsplatz unterstützen?

Ein Coming-Out kann viele Herausforderungen mit sich bringen, vor allem für die transgeschlechtliche Person selbst, aber auch für das Arbeitskollegium. In unserer Gesellschaft wird es immer noch weitläufig als feststehende Tatsache wahrgenommen, dass Menschen von Geburt an entweder weiblich oder männlich sind.

2018 haben wir gemeinsam mit der Stadt Leipzig - Referat für Gleichstellung von Frau und Mann, dem Gleichstellungsbüro der Universität Leipzig und dem Zentrum für Frauen- und Geschlechterforschung der Universität Leipzig die Ausstellung „Trans* in der Arbeitswelt“ nach Leipzig geholt. Von Oktober 2018 bis März 2019 war sie an vier verschiedenen Orten zu besichtigen.

Die während der Ausstellungszeit gesammelten Informationen und Erfahrungsberichte möchten wir gern auf unserer Homepage einem breiteren Publikum zur Verfügung stellen.

Trans* ist als Oberbegriff für transgender, transsexuell, transident etc. zu verstehen und schließt alle Menschen ein, die sich nicht (nur) mit dem ihnen bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht identifizieren. Das „*“ steht für eine Vielzahl an Geschlechtsidentitäten, also für mehr als nur Frau und Mann. Es ist besser, die Begriffe Transgeschlechtlichkeit oder Trans* zu verwenden, statt Transsexuell. Denn dieser Begriff wird in der Regel im medizinischen Bereich verwendet und von vielen Trans*Menschen abgelehnt.

Quelle: Berliner Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung: Materialien zum Thema Transgeschlechtlichkeit, Trans* in Arbeit 

Die Wanderausstellung "Trans* in der Arbeitswelt"

Die Ausstellung zeigt zwölf Einzelporträts transgeschlechtlicher Menschen in ihrem jeweiligen Arbeitsumfeld, zum Beispiel in Büros, als Lehrende oder LKW-Fahrende. Die Fotografien machen Lebensgeschichten, Diskriminierungs- und Erfolgserfahrungen transgeschlechtlicher Menschen sichtbarer und regen an, über ihre Situation im Arbeitsleben nachzudenken.

„Trans* in der Arbeitswelt“ wurde von der Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen Diskriminierung (Berlin) konzipiert und ist als Wanderausstellung unter der künstlerischen Leitung der Fotografin Anja Weber entstanden.

Von Leipzig wanderte die Ausstellung im April 2019 weiter nach Bremen. Dort ist sie bis zum 30. August 2019 an der Universität zu besichtigen.

Mehr Informationen zur Ausstellung finden Sie hier:
https://www.berlin.de/sen/lads/sensibilisierung/kampagnen/trans-in-arbeit/

Begleitmaterial zu der Ausstellung:
"Transition"
"Trans* im Team"
"Trans* im Personalmanagement

Das o. a. Begleitmaterial sowie weitere Infobroschüren finden Sie hier als Download.

Interview mit PD Dr. Kurt Seikowski

Im Vorfeld der Vernissage zur Ausstellung „Trans* in der Arbeitswelt“ am 18.10.2018 haben wir mit Dr. Kurt Seikowski gesprochen:

PD Dr. Kurt Seikowski war Diplompsychologe und Psychologischer Psychotherapeut. Er arbeitete am Universitätsklinikum Leipzig. Kurt Seikowski ist Mitglied der „Gesellschaft für Sexualwissenschaft e.V.“ (GSW, war 15 Jahre lang deren Vorsitzender) und hat an der S3- Leitlinie „Geschlechtsinkongruenz, Geschlechtsdysphorie und Trans-Gesundheit: Diagnostik, Beratung, Behandlung" mitgewirkt.

KOWA: Herr Seikowski, wir freuen uns sehr, Sie als Gast bei unserer Vernissage begrüßen zu können. Was hat Sie bewegt, den heutigen Abend mit uns im Augusteum zu verbringen?

PD Dr. Kurt Seikowski: Ich betreue seit 1984 transidente Personen, habe über die vielen Jahre miterlebt, mit welchen Problemen sie konfrontiert sind, aber auch mit welchen Schwierigkeiten sie im Gesundheitssystem zu kämpfen haben, was ihnen alles abverlangt wird, um endlich so leben zu können, wie sie sich schon lange fühlen. Und da fühle ich mit, fühle mich mit diesen Personen sehr verbunden.

KOWA: Aus Ihrer langjährigen Erfahrung als Psychologe: Welchen Tipp haben Sie für Menschen, die über Ihre Geschlechtsidentität grübeln?

PD Dr. Kurt Seikowski: Suchen Sie den Kontakt zu Fachleuten – aber nur zu solchen, die mit der Thematik vertraut sind. Gehen Sie in Selbsthilfegruppen, tauschen Sie sich mit anderen aus, vergleichen Sie sich mit denen – Ist es wirklich, was ich will oder gehöre ich noch woanders hin.

KOWA: Was war das schönste Erlebnis [bzw. größter Erfolg] in Ihrer Arbeit mit Trans*personen?

PD Dr. Kurt Seikowski: Es sind immer wieder die individuellen Erfolge für jede einzelne Person, wenn sie dann am Ziel ist – häufig auch wegen der vielen Widerstände durch den Medizinischen Dienst der  Krankenversicherung (MdK), der den Betroffenen immer wieder Behandlungen zu verweigern versucht mit Argumenten, die schon lange nicht mehr zeitgemäß sind.

KOWA: Vielen Dank für das Gespräch!

Interview mit Dipl.-Soz. Alexander Naß

Im Vorfeld des Ausstellungsgesprächs „Trans* in der Arbeitswelt“ am 16.01.2019 haben wir mit Dipl. Soz. Alexander Naß gesprochen.

Alexander Naß studierte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Soziologie auf Diplom. An eben dieser Hochschule unterrichtete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter zu quantitativen Methoden. Sein Forschungsschwerpunkte sind die Soziologie des Körpers, Queer-Theorien und Transidentitäten. Er ist Berater in Sachen Transgeschlechtlichkeit und hat etliche Bücher zu Trans*Themen veröffentlicht.

Weitere Informationen zu seiner Person und seinen Veröffentlichungen finden Sie hier

KOWA: Herr Naß, am 16.01. wandert die Ausstellung „Trans* in der Arbeitswelt“ zu ihrem letzten Standort in Leipzig – der Volkshochschule. Was wären für Sie Gründe, die Ausstellung zu besuchen?

Dipl.-Soz. Alexander Naß: Ich selbst habe mich dafür eingesetzt die Wanderausstellung im Umfeld des Kongresses „Geschlechtliche Vielfalt (er)leben“ von Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e.V. (TIAM e.V.) 2017 nach Magdeburg zu holen und sie in diesem Rahmen dort selbst besucht. Ich empfinde die Fotoausstellung als sehr wichtig, da sie die abgebildeten trans* Personen im Kontext ihrer alltäglichen Berufswelt zeigt. Dies ist deshalb so wichtig, weil damit endlich mal ein Bild von Trans* gezeichnet wird, das fernab der reißerischen Medienberichte liegt.
Zwei Aspekte sind für mich hierbei zentral:
Einerseits ist gerade die Erwerbstätigkeit für viele trans* Menschen noch immer stark mit dem Erleben von Diskriminierung verknüpft. Überdurchschnittlich viele trans* Personen sind nach ihrem Outing und erfolgter Transition auch heute noch arbeitslos oder erhalten trotz Studienabschluss deutlich weniger Gehalt als ihre cis Kolleg*innen [Erklärung zu cis s.u.]. Die Zufriedenheit und Angekommen-Sein ausstrahlenden Portraits zeigen auf, wie gut es trans* Menschen in einer diskriminierungsfreien Gesellschaft gehen könnte.
Andererseits zeigen die Aufnahmen den Betrachter*innen die unaufgeregte Gleichheit des Alltags von trans* und cis Menschen. Natürlich nimmt das Trans*-Sein für einen gewissen Zeitraum eine besondere Stellung im Leben der betreffenden Menschen ein, jedoch werden andere Lebensaspekte umso schneller wieder tragend, je weniger sie sich mit Diskriminierung auseinandersetzen müssen. Dies sind dann Lebensbereiche, wie sie die meisten Menschen kennen: der Beruf, die Partnerschaft, die (eigene) Familie, enge Freundschaften, Hobbys.
Auch über diesen Zugang trägt die Ausstellung sehr zum reflektierten Nachdenken über die Sinnlosigkeit diskriminierenden Verhaltens bei.

KOWA: Aus Ihrer langjährigen Erfahrung als Forscher zum Thema Trans*: Welchen Tipp haben Sie für trans* Personen?

Dipl.-Soz. Alexander Naß: Im Rahmen meiner Forschungen, als auch meiner Arbeit als Berater hatte ich im Laufe der Jahre Einblick in die Biografien von über 1.000 trans* Menschen. Vor diesem Hintergrund erscheint mir der wichtigste Tipp, das eigene Gefühl von Anfang an ernst zu nehmen und die eigenen Wünsche nicht (für andere Menschen) in eine ferne Zukunft zu verschieben. Die meisten trans* Menschen wissen frühzeitig um ihr Fühlen, jedoch vergehen meist noch Jahre aus Rücksicht auf das soziale Umfeld. Diese Zeit ist häufig ausschlaggebend für das intensive Leiden und nicht die Erkenntnis selbst. Es ist auch jene Zeit, die später oftmals als verlorene Zeit empfunden wird, jedoch nichts am schlussendlichen Weg verändert hat.
Deshalb mein Tipp: Gleich das Gespräch mit engen Freunden und nahestehenden Verwandten suchen und nicht jahrelang über deren mögliche Reaktionen in den wildesten Fantasien spekulieren. Deren Reaktion wird sich nicht positiver oder negativer gestalten, nur weil Zeit verstrichen ist.

KOWA: Was war das schönste Erlebnis in Ihrer Arbeit mit trans* Personen?

Dipl.-Soz. Alexander Naß: Für mich ganz persönlich ist es immer wieder das schönste Erlebnis, in der Beratungsarbeit mit den Menschen direkt an deren Entwicklung teilhaben zu können. Sehr häufig kommen die Menschen zu mir und haben ganz viele Zweifel im Gepäck, trauen ihrem eigenen Urteilsvermögen nicht über den Weg und denken mehr an ihr Umfeld als an ihre eigenen Bedürfnisse. Zu sehen, wie diese Menschen im Laufe der Zeit mehr und mehr eins mit sich werden und diese Zufriedenheit dann auch ausstrahlen können, ist für mich immer wieder das schönste Erlebnis.
Für mich selbst ist die Beratung nur ein Teilaspekt meiner Arbeit, aber für die sich outenden trans* Menschen verändert sich alles. Die häufige Rückmeldung, sich in dieser Situation des Umbruchs bei mir vorbehaltlos aufgehoben zu fühlen, ist für mich stets ein Erfolgserlebnis.

KOWA: Vielen Dank für das Gespräch!

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cis steht für Cisgender und bezeichnet Personen, deren Geschlechtsidentität mit dem Geschlecht übereinstimmt, dem sie nach der Geburt zugeordnet wurden.

Diversität und Anti-Diskriminierung in Unternehmen

Erfahrungen aus dem Projekt Open Saxony! (OSX)

Zu dem Ausstellungsgespräch am 16.01.2019 haben wir auch das Projekt Open Saxony! (OSX) der Courage – Werkstatt für demokratische Bildungsarbeit e.V. eingeladen. Wir interessierten uns für ihre Erfahrungen mit Unternehmen in Bezug auf die Öffnung für die Themen Diversität, Diskriminierung und Rassismus. Unsere Hypothese war, dass sich viele der im Projekt gemachten Erfahrungen auch auf den Umgang mit dem Thema Trans* in der Arbeitswelt übertragen lassen.

Was sind die Motivationen von Unternehmen, sich den Themen Diversität und Diskriminierung zu stellen?

  • die eigene humanistische Einstellung, ein Problembewusstsein für die Situation in Sachsen sowie der Wunsch, etwas für die Mitarbeitenden zu tun

  • die eigene Erfahrungen mit Diskriminierung sowie Erfahrungen von Mitarbeitenden

  • die Notwendigkeit zur Öffnung für Diversität im Kollegium aufgrund von Fachkräftemangel

  • eine positive Wahrnehmung des Unternehmens in der Öffentlichkeit und gegenüber Kund*innen und Auftraggeber*innen

Was sind mögliche Hürden für Unternehmen, sich den Themen zu widmen?

  • Wirtschaftlichkeit: wenn sich Maßnahmen für Diversität nicht rechnen und der wirtschaftliche Nutzen nicht sichtbar ist

  • Politische Positionierung: wenn Unternehmen als (partei-)politisch neutral wahrgenommen werden wollen

  • Unkenntnis: wenn Unternehmen das Thema (noch) nicht im Blick haben oder es an Wissen fehlt, wie das Thema bearbeitet werden kann

  • Keine Betroffenheit: wenn Unternehmen finden, dass sie das Thema nicht betrifft bzw. nicht relevant für sie ist

  • Andere thematische Fokussierung: wenn sich Unternehmen in ihren Aktivitäten schon auf z.B. das Thema Migration fokussieren

  • Verbreitung von diskriminierendem Denken unter den Mitarbeiter*innen

Wie kann das Thema Diversität in einem Unternehmen angegangen werden?

  • Stellen Sie zu einem bereits bestehendem Leitbild, einer Unternehmensphilosophie oder einem Code of Conduct einen Bezug her.

  • Achten Sie beim Start der Auseinandersetzung auf konkrete Anknüpfungspunkte der Mitarbeiter*innen zu dem Thema.

  • Führen Sie eine Bedarfsanalyse für das Unternehmen durch.

  • Informieren Sie sich über bereits erfolgreiche Ansätze in anderen Unternehmen.

  • Klären Sie finanzielle, zeitliche und personelle Ressourcen.

  • Führen Sie Probeworkshops zum Testen der Bildungsangebote im Bereich Diversität durch.

  • Starten Sie die Bildungsmaßnahmen mit der Zielgruppe der Führungskräfte, darauf aufbauend später mit weiteren Mitarbeiter*innen.

Weitere Informationen zum Projekt Open Saxony! (OSX) finden Sie unter www.netzwerk-courage.de/osx

Einblicke in Studienergebnisse

Benachteiligung von Trans*Personen, insbesondere im Arbeitsleben (2010)

Expertise von Jannik Franzen, Dipl.-Psych. und Arn Sauer, M. A. im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes

Im Folgenden werden die zahlreichen und sehr differenzierten Ergebnisse zum Forschungsstand komprimiert zusammengefasst. Es werden dabei Tendenzen nachgezeichnet, die mit den einzelnen Lebensrealitäten von Trans*Personen übereinstimmen können, aber nicht müssen. In diesem Sinne soll hervorgehoben werden, dass es zunehmend Positivbeispiele für den Abbau von Benachteiligungen und Diskriminierung gibt, vor allem dank des Engagements der LSBTTIQ*-Community.

Die Studienergebnisse wurden für das Ausstellungsgespräch „Trans* in der Arbeitswelt“ am 16.01.2019 aufbereitet und dort vorgestellt sowie diskutiert.

 

Wie äußern sich Benachteiligung und Diskriminierung von Trans*Personen?

  • Trans*Personen haben tendenziell größere Schwierigkeiten einen Arbeitsplatz zu finden. Hauptgründe dafür seien Anforderungen des Passings (dass eine Person von anderen als Angehörige*r des gelebten bzw. dargestellten Geschlechts erkannt und behandelt wird) sowie die Normen der Binarität (Zweigeschlechtlichkeit: Mann/Frau)

  • Trans*Personen haben tendenziell weniger Chancen bei Bewerbungen, bzw. werden im Bewerbungsverfahren gar nicht berücksichtigt.

  • Von Ungleichbehandlung bei der Einstellung sind vor allem Trans*Personen ohne medizinische Geschlechtsangleichung und prä-operative Personen ohne sicheres Passing betroffen.

  • Es gibt Kündigungen oder Kündigungsdrohungen, insbesondere in der Phase der Angleichung.

  • Es wurde davon berichtet, dass Trans*Personen der Zugang zu Trainingsmaßnahmen der Arbeitgeber*innen verwehrt wird.

  • Trans*Personen werden bei Beförderungen benachteiligt, trotz vergleichbarer Qualifizierung.

  • Das Arbeitsumfeld ist meist heteronormativ strukturiert, das heißt es wird von der Zweigeschlechtlichkeit und einer heterosexuellen Orientierung als Norm ausgegangen. Das zeigt sich u.a. in geschlechtsspezifischer Berufskleidung, Dresscodes, Geschlechtertrennung und Toiletten.

  • Es gibt eine Diskrepanz zwischen Qualifikation und Einkommen von Trans*Personen.

  • Berichte über positive Reaktionen seitens Kollegium und Vorgesetzten sind eher selten.

  • Trans*Personen erleben Gewalt in ihrem Arbeitsumfeld: vor allem Beschimpfungen, Tratsch, Spott über das Privatleben, unnötige Kritik, störende Neugier.

  • Es sind große Defizite bzgl. Gleichstellungsmaßnahmen in Unternehmen festzustellen.

 
Welche Schwierigkeiten begegnen Trans*Personen darüber hinaus?

  • bei der Arbeitssuche: Nichtübereinstimmung des gelebten und in Dokumenten ausgewiesenen Geschlechts

  • langwierige und kostenintensive Verfahren der rechtlichen Anerkennung und Personenstandsänderung

  • Voraussetzung für Personenstandsänderung und behördliche Anerkennung der Identität ist meist ein diagnostisches, medizinisches Verfahren, nicht alle bestehen dieses


Welche Defizite sind mit Blick auf die Arbeitgeber*innen darüber hinaus zu verzeichnen?

  • Es gibt zu wenig Qualifikationsmaßnahmen seitens der Arbeitgeber*innen für ihre Mitarbeitenden.

  • Es gibt eine hohe Unkenntnis der Vorgesetzten, z.B. über Transition (Geschlechtsangleichung). Deshalb können sie es auch ihren Mitarbeiter*innen schlecht erklären.

  • Gewerkschaften beraten Arbeitnehmer*innen unzureichend und haben nicht genügend Informationsmaterial.

 

Mögliche Folgen der Benachteiligung und Diskriminierung für Trans*Personen

  • Angst vor Diskriminierung

  • sinkendes Wohlbefinden

  • Gefühl, nicht kompetent zu sein

  • Aufgabe des Arbeitsplatzes während / vor der Transition

  • teils Wahl der Selbständigkeit

  • Doppelleben im Prozess des Übergangs

  • durchschnittlich weniger Vollzeitbeschäftigung

  • z.T. hohe Arbeitslosigkeitsraten

  • Trans*Frauen nach ihrer Transition etwas häufiger von Arbeitslosigkeit betroffen

  • kein Wechsel des Geschlechts aus beruflichen Gründen

Die gesamte Studie ist abrufbar unter: http://www.transinterqueer.org/download/Publikationen/benachteiligung_von_trans_personen_insbesondere_im_arbeitsleben.pdf

Darüber hinaus ist eine wichtige Folge und Fakt, dass sich Trans*Personen sowie mit ihnen solidarische Personen organisieren und engagieren. In der Linkliste finden Sie eine Auswahl an Organisationen und Initiativen.

Handlungsempfehlungen

...zur geschlechtlichen Vielfalt im Arbeitskontext

aus Fuchs, Wiebke u. a. (2017): Gutachten: Geschlechtliche Vielfalt im öffentlichen Dienst. Empfehlungen zum Umgang mit Angleichung und Anerkennung des Geschlechts im öffentlichen Dienst, Bundesvereinigung Trans* e.V. mit Förderung durch das BMFSFJ, Berlin, S. 12-14

Die Handlungsempfehlungen wurden im oben genannten Gutachten für den öffentlichen Dienst aufgestellt, ihre Umsetzung ist aber auch in allen anderen Arbeitskontexten erstrebenswert. Zusammenfassend werden folgende Leitsätze formuliert. Die vollständige Empfehlung nebst Erläuterungen können im unten verlinkten PDF-Dokument nachgelesen werden.

Grundsätze

  1. Die Beschäftigten und insbesondere die Führungskräfte haben sicherzustellen, dass alle Beschäftigten ihre geschlechtliche Identität und ihren Geschlechtsausdruck offen und ohne Angst vor negativen Folgen leben können.

  2. Für jede Behörde oder Einrichtung des öffentlichen Dienstes ist eine Stelle zuständig, die Beschäftigte oder Bewerber_innen bei Bedarf, insbesondere vor oder in der Phase der Angleichung bzw. Anerkennung des Geschlechts, berät.

  3. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes müssen in der Lage sein, mit der Verschiedenheit und Vielfalt der Belegschaft umzugehen (Diversity-Kompetenz). Von ihnen wird erwartet, dass sie eine diversitätsbewusste Haltung entwickeln und alle Personen respektvoll und unvoreingenommen behandeln.

  4. Führungskräfte und Vorgesetzte haben in Ausdruck ihrer allgemeinen Fürsorgepflicht zusammen mit der Personalstelle, den Beschäftigtenvertretungen und gegebenenfalls den Gleichstellungsbeauftragten eine besondere Verantwortung bei der Begleitung und Unterstützung von Beschäftigten in der Phase der Angleichung bzw. Anerkennung des Geschlechts.

Kommunikation, Dokumentation

  1. Beschäftigte des öffentlichen Dienstes, die ihre geschlechtliche Angleichung bzw. Anerkennung (dienst-)öffentlich machen wollen, sollen ihre vorgesetzten Personen informieren. Dabei kann eine Person des Vertrauens (z. B. Gleichstellungsbeauftragte_r, Beschäftigtenvertretung) hinzugezogen werden.

  2. Im täglichen Umgang wie auch in Dokumentation und Unterlagen ist auf eine Sprache mit angemessenen Begriffen zu achten, die der Selbstbestimmung einer Person in oder nach der Angleichung bzw. Anerkennung des Geschlechts entspricht.

  3. Einer verbeamteten Person, deren Vornamen oder Geschlechtseintrag im Personenstand rechtlich gültig geändert oder berichtigt worden sind, sind Zeugnisse, Zertifikate, Urkunden, Bescheinigungen und Arbeitszeugnisse auf Antrag als Zweitschrift mit dem gegenwärtigen Datum auszustellen. Die Zweitschrift soll die äußere Form der ursprünglichen Urkunde erhalten und keine Angabe zum Grund der Neuausstellung enthalten. Einer Person, die privatrechtlich im öffentlichen Dienst beschäftigt ist oder war, ist ein Arbeitszeugnis, das der Person vor der rechtlich gültigen Änderung oder Berichtigung ihres Vornamens oder Geschlechtseintrags im Personenstand erteilt wurde, unter Anpassung nur der Angaben zum Vornamen und zum Geschlecht – im Übrigen aber unverändert – neu zu erteilen.

  4. Neue Vornamen, das korrekte Personalpronomen und die korrekte Anrede sind spätestens ab dem Zeitpunkt zu verwenden, zu dem die Vornamen bzw. das Geschlecht im Personenstand rechtlich gültig geändert oder berichtigt worden sind. Soweit möglich, soll darauf hingewirkt werden, dass neue Vornamen, das korrekte Personalpronomen und die korrekte Anrede auch schon ab dem Zeitpunkt verwendet werden, ab dem die Person in der Phase der Angleichung bzw. Anerkennung ihres Geschlechts dies wünscht.

  5. In Bewerbungsverfahren sind die von einer Person angegebenen Vornamen, das Personalpronomen sowie das Geschlecht nach Selbstauskunft zu verwenden, auch wenn diese nicht mit den Daten in den Bewerbungsunterlagen bzw. Personalakten übereinstimmen.

Vertraulichkeit

  1. Informationen über vorherige Namen, Geschlecht, gesundheitlichen Status und vergleichbare Informationen sind vertraulich zu behandeln und von Vorgesetzten, Personalstellen sowie weiteren Stellen nur aus besonderem Grund zu erfragen. Kolleg_innen und weitere Mitarbeiter_innen sind auf die Vertraulichkeit und das gesetzliche Offenbarungsverbot hinzuweisen.

Arbeitskleidung, Kleidungsvorschriften

  1. Es ist zu gewährleisten, dass die Beschäftigten sich entsprechend ihrer geschlechtlichen Identität kleiden und im äußeren Erscheinungsbild ausdrücken können. Vorgaben zum äußeren Erscheinungsbild im Übrigen bleiben unberührt.

Sanitäre Anlagen, Umkleiden

  1. Alle Beschäftigten benutzen die sanitären Anlagen und Umkleiden, die (am ehesten) ihrem (Identitäts-)Geschlecht entsprechen, sobald dieses dienstöffentlich ist. Im Konfliktfall ist es keine Alternative, die Person in der Phase der Angleichung bzw. Anerkennung des Geschlechts auf gesonderte sanitäre Anlagen oder Umkleideräume zu verweisen. Soweit bei einer Person ein Unbehagen nicht ausgeräumt werden kann, wird diese dabei unterstützt, Ausweichräume zu finden.

  2. Es ist zu prüfen, ob es Toilettenräume mit nur einer Toilette gibt, die jeweils geschlechtsneutral zu beschriften sind. Weiterhin kann in Toilettenanlagen mit mehreren Toiletten durch bauliche Maßnahmen die entsprechende Privatsphäre hergestellt werden. Planung der geschlechtlichen

Angleichung und Anerkennung, Abwesenheitszeiten

  1. Es wird empfohlen, dass die Person in der Phase der Angleichung bzw. Anerkennung ihres Geschlechts und die_der Vorgesetzte (ggf. unter Beteiligung der Beschäftigtenvertretung und der_dem Gleichstellungsbeauftragten) gemeinsam einen Plan für diesen Zeitraum am Arbeitsplatz erstellen und diesen je nach Erfordernissen im Verlauf anpassen und korrigieren.

  2. Vorgesetzte sollen im rechtlichen Rahmen zeitliche Flexibilität für ärztliche Termine und Abwesenheitszeiten einräumen, die zur Angleichung bzw. Anerkennung des Geschlechts notwendig sind.

Beschwerdemanagement

  1. Es ist ein Verfahren einzurichten, in dem Fälle der Diskriminierung oder Belästigung im Zusammenhang mit der geschlechtlichen Identität oder dem Geschlechtsausdruck vertraulich gemeldet werden können. Es ist zu gewährleisten, dass jedem gemeldeten Fall unverzüglich nachgegangen wird. Soweit bestehende Stellen und Einrichtungen (etwa die betriebliche AGG-Beschwerdestelle) im Rahmen dieses Verfahrens mitwirken, sind sie hierfür zu qualifizieren.

Aus-, Fort- und Weiterbildung, Sensibilisierung

  1. Um Konflikten und Diskriminierungen vorzubeugen, werden Fortbildungen für Personalverantwortliche, Beschäftigtenvertretungen, Führungskräfte, Fachvorgesetzte und Kolleg_innen zum Ablauf und Umgang mit einer Angleichung bzw. Anerkennung des Geschlechts angeboten oder es wird die Möglichkeit zur Fortbildung eingeräumt. Es sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um die berechtigten Wünsche von Kolleg_innen nach Informationen angemessen zu beantworten.

Quelle:
https://www.bmfsfj.de/blob/116512/a6ba369ebb6df06acdf04547d61dedbc/imag-band-10-geschlechtliche-vielfalt-im-oeffentlichen-dienst-data.pdf